Lyrik Lyrik Lyrik Lyrik
instantané mulhouse belfort
blaue milch der frühe
rot die katzenaugen
violett der schnee
zitronengelb zwinkert ein citroën
auf silberner schneise
in schwarzem forst
Träume eines Eukalyptusbaumes
Nichts ahnt das Kind
Dem die Mutter das scharfe Bonbon
Zwischen die Lippen schiebt
Im kalten nordischen Winter
Von seiner Herkunft
Aus meinem Holz
Der "Wohlverhüllte" werde ich genannt
zwischen Talmest und Tidzi
Am Straßenrand
Im Chiadma- und im Hahaland
Den Wind fang ich ein
der in mir rauscht und meine Blattzungen zaust
Spende dem Maulesel Schatten
der vor Planwagen gespannt
das Bäuerchen mit seiner Bäuerin über erdige Wege zieht
im gleißenden Sonnenlicht
von Douar zu Douar
Bir zu Bir
Souk zu Souk
als stummer Begleiter stehe ich am Rand
nachts wenn der Reisende über den Asphalt braust
sich bang fragt wohin in diesem lichtlosen Land
weisen meine gekalkten Stämme den Weg
nicken meine Häupter ihm freundlich zu
und ab und zu werde ich geköpft
meine Astarme stützen so manches Haus
im Haha- und im Chiadmaland
nichts ahnend von dem Kind
das sich fiebernd im Bette wälzt
und dem die Mutter die Brust einreibt
mit scharfer Essenz aus meinem Holz
Am Wegrand stehe ich
Biete dem Wind eine Bleibe
Spende den Eselchen Schutz
Heiße den Fremden Willkommen
Orgias
Organa
crystalline chrysanthemen
ritzen reife
pfirsichhäute
cyanblaue sonnenbräute
streifen stille
blütenstäube
von den
stolzen
eisenhüten
die sich
dehnen
recken
wüten
zischend
gift und galle
spuckend
zögerlich
entgegen
zuckend
ro
sen
fin
gri
ger
v
u
l
k
a
n
ROSA SALZ VON SMIMOU
rosa salz von smimou
brennst auf der zunge
brennst auf der seele
brennst tief im herz
blaue nacht von souira
kühlst meine lippen
kühlst meine wunden
stillst meinen schmerz
schwarzer gefährte des zufalls
wie du gekommen
so du gegangen
bleib ich dir hold
Café de la Plage, Essaouira, 14-5-98
SANTANTONIO
Qu'a trouvé celui qui m'a perdu?
Qu'a perdu celui qui m'a trouvé?
von sämtlichen Eseln der Nacht geschlagen
schütte ich Wasser in deine Schritte
und schlummere in ihrem Echo ein
im Palast der Vernunft
wird nur noch
mit Koloquinten gehandelt
verlassen liegen die Arkaden
die Nebel spinnen die Gassen ein
der November macht sich breit
in der Stadt
die Schatten flüchten ins Pedrocchi
zu Puderzucker Biskuit kandierten Orangen
Ausharren im Schutz
eines caffè macchiato
und zum Schicksal sagen
Dopo di Lei
Padova, 3-XII-92
WUQUF
"Le silence ravit
quand cesse la distance"
In der schwarzen Wolle
deines Herzens begraben
richte ich mich für die Ewigkeit ein
Morgens gleitet deine Stimme
meergrün über meine Schrift
Mittags streift ein Sonnenstrahl
selbstvergessen unser Mahl
Abends spielen wir Verstecken
in den Farben alter Fresken
Nachts behüten Marmorlöwen
unser stummes Zwiegespräch
In der schwarzen Wolle
deines Herzens begraben
richte ich mich für die Ewigkeit ein
3-XII-1992
UN AMOUR DE ZOMBIE
schlange im ohr
trommel im blut
hitze im herzen
hände voll glut
zuckende blicke
tropische luft
nächtliche stricke
tromben voll duft
fetzen von leben
flüsternder traum
biß in die schulter
lippen voll schaum
grauender morgen
asche im mund
sprung in der schüssel
geisterstund
080895